In der Unternehmenswelt hört man häufig Aussagen wie: „Er oder sie ist talentiert, aber sticht nicht hervor“, „Erledigt seine Aufgaben, übernimmt aber keine Verantwortung“ oder „Ist in Meetings anwesend, bringt sich aber nicht ein.“ All diese Aussagen deuten auf ein tiefer liegendes Problem hin: Die Mitarbeitenden fühlen sich nicht verstanden.
Verstanden zu werden wird im Arbeitsleben oft als emotionale Erwartung abgetan. Dabei handelt es sich nicht nur um ein persönliches Bedürfnis, sondern um einen strategischen Faktor, der Leistung, Engagement und Entscheidungsprozesse direkt beeinflusst. Wer sich verstanden fühlt, erledigt nicht nur seine Aufgaben – er oder sie bringt sich ein, entwickelt Ideen weiter, übernimmt Verantwortung und beteiligt sich aktiv an Entscheidungen.
Gerade in komplexen, informationsintensiven und schnelllebigen Unternehmensstrukturen liegt der Wert nicht nur in Ergebnissen, sondern auch in Perspektiven. Wenn Mitarbeitende das Gefühl haben, dass ihre Stimme nicht gehört wird, ihre Ideen nicht ernst genommen oder ihre Beiträge nicht sinnvoll interpretiert werden, verlieren sie nach und nach die Motivation, sich aktiv einzubringen. Das ist nicht nur ein individueller Verlust – es ist auch ein Verlust an kollektiver Entscheidungsintelligenz. Denn die Vielfalt der Perspektiven am Entscheidungstisch beeinflusst direkt die Handlungsfähigkeit und Lösungsvielfalt in kritischen Situationen.
Mitarbeitende, die sich unverstanden fühlen, ziehen sich still zurück. Sie werden in Meetings passiver, äußern seltener Ideen und werden zunehmend unsichtbar. Diese stille Form der Distanzierung bleibt Führungskräften oft verborgen, reduziert jedoch deutlich die kulturelle Energie eines Unternehmens. Denn obwohl diese Mitarbeitenden physisch präsent sind und Aufgaben erledigen, tragen sie nicht mehr wirklich bei. Und ohne aktiven Beitrag gibt es keine echte Identifikation, kein Engagement und keine nachhaltige Leistung.
Wie viel Raum wird dem wirklichen Verstehen von Mitarbeitenden in HR-Richtlinien, Führungskräfteentwicklungen und interner Kommunikation tatsächlich eingeräumt? Eine ehrliche Antwort darauf ist notwendig. Mitarbeiterzufriedenheitsumfragen, regelmäßige Leistungsbeurteilungen und Feedbackschleifen bieten wichtige Chancen. Doch wenn diese Daten nicht analysiert oder in übergeordnete Strategien integriert werden, bleibt das „Verstandenwerden“ ein abstraktes Konzept.
Studien zeigen, dass psychologische Sicherheit die Teamleistung im Durchschnitt um 25 % bis 40 % steigert. Kreativität nimmt zu, Konfliktmanagement wird konstruktiver, Fluktuationsraten sinken. Menschen arbeiten nicht nur für Geld – sie arbeiten für Sinn. Und einer der grundlegendsten Sinne ist: „Ich bin hier nicht nur ausführende Kraft – ich bin durch meine Ideen, meine Perspektive und meinen Beitrag präsent.“
Ein Hinweis für Führungskräfte: Wenn Sie Teamleistungen bewerten, schauen Sie nicht nur auf die Ergebnisse – achten Sie auf den Prozess. Wer ist stiller geworden? Wer bringt keine Ideen mehr ein? Wer war früher aktiv, wirkt jetzt aber zurückhaltend? Dies sind nicht nur Anzeichen für fehlende Motivation, sondern häufig Hinweise auf ein tiefer liegendes Gefühl des Nicht-Verstandenwerdens.
Verstanden zu werden ist im Arbeitskontext kein Luxus – es ist eine strategische Notwendigkeit für Leistung, Engagement und Entscheidungsqualität. Mitarbeitende, die sich nicht verstanden fühlen, tun das Nötigste. Wer sich jedoch gesehen, gehört und verstanden fühlt, trägt bei, entwickelt sich weiter und stärkt Entscheidungen.
Wertvolle Beiträge kommen von denjenigen, deren Ideen spürbar werden. Und der erste Schritt, um ihre Loyalität zu gewinnen, ist: Sie wirklich zu verstehen.
Dieser Artikel wurde für www.reelpiyasalar.com und www.cigdemguven.com verfasst.
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